Bildergalerie Flakturm VI Hamburg (aktualisiert 26.05.2002)
Ein nunmehr "zahnloser" Koloss aus verwittertem Stahlbeton fügt sich, nach mehr als 50 Jahren Präsenz jetzt mit der Natur versöhnt, fast harmonisch in den Stadtteil Wilhelmsburg ein. (Bild-Quelle leider unbekannt).
Das Rondell...Gut erkennbar fünf (von 15) Muni- tions-Nischen für je ca. 48 Grana- ten; die ausgeworfenen, heissen leeren Geschoss-Hülsen wurden hochkant in den schlanken Hülsen-Nischen bis zum Auskühlen zwi-
schengelagert und später durch die "Rohrpost" in ein tiefergelegenes Geschoss abgeworfen
(siehe Bericht "Turm VI" - Dora).
Die Munition kam über den Kettenförderer Stück für Stück in der Verteiler-Nische an. (siehe Bild Geschoss-Förderkette).
Man stelle sich vor: Die Zwillings-Kanone, ein Gigant von ~ 50 Tonnen, 21 Mann Bedienung, jeder Handgriff präzise - für eine
ohrenbetäubende und infernalische
Gefechtstätigkeit! (Das Ganze mal 4!)
Die Geschoss-Förderkette
Diese Einzelgeschoss-Förder-
anlage,Spezial-Endlos-Kette, war mit einem Gehäuse umbaut gewesen und befand sich an jedem Geschütz in der großen Verteiler-Nische, von wo aus die nach oben geförderten einzelnen
Geschosse in die Bunker verteilt wurden. Die Endlos-Kette wurde über eine Umlauf-Rolle nach unten geführt und dort
mit Nachschub bestückt. Möglicherweise gab es oben eine revolvierende Ausgabe-Automatik.
Die während des Gefechts aus den Bunkern entnommenen Granaten wurden somit laufend ergänzt. Der Munitions-Hauptbunker im EG wurde kontinuierlich waggonweise aufgefüllt.
.
Vor Auslieferung...
Ein nagelneues Geschütz, kurz vor der Auslieferung und zur Abnahme bereit. Einige technische Daten
Rohrlänge: 7,84 m; Rücklauf: 1,30 m; Gewicht: ca. 50 to.
Breite: 5 m; Länge: 9 m; Höhe: 2,95 m
Schuß pro Minute: 20 - 24 Schuss
Die Bedienungsmannschaft bestand aus 21 Mann
Rechts im Bild, hinter dem Stützgitter für K3 und K6, sitzend der K1,
(im Bild nicht sichtbar)
Seitlich neben den Geschützrohren die zugehörigen Zünderstellgeräte.
Der Ablauf ging folgendermaßen vor sich: Die Richtkanoniere erhielten die Werte auf ihrem tachometer-ähnlichen Anzeige-Instrument, ausgestattet mit einem Zeigerpaar für Grob- und Feineinstellung sowie einem Zeigerpaar, welches die jeweilige Position des Geschützes anzeigte (z.B.beim K1 die Werte für die Seite, beim K2 die für die Höhe). Wenn Übereinstimmung erzielt worden ist, gab jeder
die verbale Quittung "K1 abgedeckt", "K2 abgedeckt" usw. Die La-
dekanoniere wuchteten die ihnen zugereichten Granaten in die Lade
schale an der Zünderstellmaschine, wo sie vom K6 die Einstellung,
das Scharfmachen für die bestimmte Höhe zur Detonation möglichst nahe der ausgemachten Ziele erhielten.
» Bei einem Gefecht von nur 30 Minuten wurden ~ 600 - 700 Schuss pro
Geschütz "verballert" - theoretisch; in der Praxis, durch die Pausen des öfteren Zielwechsels bedingt, entsprechend weniger. «
(Bild-Quelle leider unbekannt)
Geschütz-Exerzieren...
Angesagt ist eine Exerzierstunde an einem Geschütz wie oben dar
gestellt; der Geschützführer übt die Einstellungen und die Hand
habung jedes Einzelnen an seinem Platz. Rechts, sitzend, der K1,
zuständig für die Seitenrichtung, neben ihm, links, der K6, für
die Zünderstellvorrichtung der verantwortliche. Auf der anderen
Geschützseite anstelle des K1 der K2, zuständig für die Höhe und
neben ihm ebenfalls ein Kanonier für die Zünderstellvorrichtung.
Diese Geschütz stellung verfügt nicht über eine schutzgebende Dach
ein- deckung wie beim Turm VI; vermutlich ist dies eine Berliner
oder Wiener Turmbesatzung oder die in Hamburg-Feldstraße.
Der niedrigere Wall hat entsprechend weniger Bauhöhe für die Mu
nitionsbunker, 4 Granaten hoch, geschätzt 8 Granaten seitlich.
Ein "Kollege" von einem Berliner Flakturm schilderte sehr anschau
lich den akustischen Ablauf eines Ladevorgangs: "klacke-di-klack
tschurr-tsung"
Durch Verwendung von nicht einwandfreier Munition - wir wurden
gelegentlich auch mit sabotierter Munition beliefert - mussten
die Rohre notwendigerweise ausgewechselt werden. Dies geschah
dadurch, dass das Geschütz in seine waagerechte Null-Position gefahren wurde;
die Rohre waren in waagerechter wartungs
gerechter Position (siehe nächstes Bild). (Bild-Quelle leider unbekannt)
Null-Position
Diese Position war
für Reparatur- und
Wartung an einem oder bei
den Rohren not- wendig, in
dieser waage- rechten Posi
tion konnten die Rohre aus
gebaut und über die turmeige
ne Kranver- ladung nach unten
verbracht werden.
Nach Gefechtsende wurden Mündungsschoner aufge- setzt, als Schutz
vor ein- dringender Nässe.
Ebenfalls wurde das Geschütz
mit einer Plane abgedeckt,
die bei Voralarm rechtzeitig abgenommen wurde; meist
lohnte es sich nicht, das
Geschütz mit einer Plane abzu
decken, da nahezu pausenlos Alarmbereitschaft herrschte... (Bild mit freundlicher Genehmigung von Peter Pforr zur Verfügung gestellt)
Das Flakturm-Gelände: beide Türme - im Hintergrund der
Leitturm mit dem "Würzburg" Radargerät,
im Vordergrund die im Bericht erwähnten Baracken mit Kantine, Werkstatt- und handwerklichen Einrichtungen.
(zeitgenössische "geheime" Aufnahme, mit Einverständnis der HomePage von Peter Pforr entnommen)
Das 8. Geschoss...
Pfeil "A" Toiletten-Anlage "mit Baldachin"
Pfeil "B" unsere Unterkunft mit "Schacht-Ausstieg"
1 Aufzüge
2 Haupttreppe 3 Nebentreppe
6 Schacht für Versorgungsleitungen
9 Toiletten
10 Gas-Schleuse
45 untere Plattform
46 Sockel für Leichte Flak (vorgesehen) *
76 Waschraum
107 Mannschafts-Unterkünfte
109 Technik-Raum f. Messanlagen
110 Technik-Raum f. Druckausgleich
111 Muni.kammer, vorgesehen f. Leichte Flak *
112 Mannschafts-Räume z.b.V.
* Anmerkung: auf dem G-Turm war keine Leichte Flak installiert.
(Den Grundriss entnahm ich dem Buch "Flaktürme" von dem Autor, Mjnheer Hans Saakers / Niederlande)
Nach Kriegsende wurde der schlankere Leit-Turm von den Pioniertrupps der englischen
Besatzung gesprengt. Den 80.ooo
Tonnen Koloss aus Stahlbeton zu sprengen hätte in
der von hier Ansässigen bewohnten Umgebung des Turms Probleme
aufgeworfen. Man
entschloss sich, das innere Gefüge des Turms zu zerstören. Hier noch einige weitere
Bilder aus jüngerer Zeit.
Der geheime Ausstieg...
Mit einigem Wagemut konnte man die ca. 80 cm
entfernt auf der gegenüberliegenden Wand be-
festigten Kaminsprossen erreichen und nach
unten, in das nächst tiefere Geschoss abtau
chen und von dort die Haupttreppe nach unten
nehmen. Es waren stets nur kurzzeitige Ausflü-
ge, um kleinere Besorgungen zu machen oder
sich mit seiner Freundin zu treffen - für mehr
langte die Zeit nicht, denn bei erstem Voralarm
hieß es, die Beine in die Hand zu nehmen und
seine Position am Gefechtsstand einzunehmen.
Wie erwähnt, flogen wir auf, als einige der Aus-
reißer zu spät auf ihrer Position er- schienen und
der Einstieg, bis dahin geheim, zugenagelt wurde.
Es gab, wie auf dem Bauplan von OG8 ersichtlich,
mehrere dieser Versorgungs- schächte; danach ei
nen anderen zu benutzen, hätte wahrscheinlich
fatale Folgen nach sich gezogen.
Die Sprengung riß im Innenbereich des Flakturms
Wände auseinander, Decken- verkleidungen herun
ter und verwandelte Treppen in unbenutzbaren Zu
stand.
Auf dem Bild erkennt man die Spuren der linken
Seitenwand, die einmal dem Schacht seine Form
gab; auf der rechten Seite Fragmente der Versor
gungsleitungen.
Im Bild der Einstieg: die Türe von damals fehlt - wie
sämtliche Installationen, die nach der Kapitulation
entsorgt wurden...
Diese Toiletten-Anlage, durch die Sprengung ebenfalls verwüstet, war damals Gegenstand eines Schildbürger
streichs eines nicht ganz "für voll"
zu nehmenden Kanoniers, im Zivilberuf Maurer.
Hier oben an der Treppe war ein Wachtposten stationiert, der
jeden, der nach unten wollte, kontrollierte und Passier- oder Urlaubsschein sehen wollte. Den Mittelfinger hochzustrecken war damals noch nicht in Mode aber es hätte gepasst, da wir unseren "geheimen Ausstieg" nutzten. Bis es aufflog!
Das Haupt-Treppenhaus im Eingangsbereich, durch das tausende
Schutzsuchende aus der Umgebung
(bis zu 30.000 pro Alarm) die unteren Geschosse bevölkerten und dem allabendlichen Chaos entkamen,
währenddessen ihre Häuser und Wohnungen nur mit viel Glück heil blieben.
Was empfanden die, welche im Flakturm Schutz vor Bombenangriffen suchten? Ich sprach damals mit Erika S. darüber -
einerseits fühlten sie sich irgendwie sicher, auch wenn es
ganz schön rumpelte; das Donnern der Geschütze übertrug sich
durch die Stahlbeton-Bauweise, auch die Detonationen der Bombenabwürfe in der Nähe des Turms und auch das leichte Schwanken, das man dabei spürte, einen in Panik versetzten; daneben hatte man noch ein weiteres ungutes Gefühl,
was die während
des Alarms verlassene Wohnung betraf - ist sie überhaupt noch
intakt? Wenn ja, sind die Fenster heil geblieben? Waren
Plünderer da? Zwiespältig blieben die Gefühle... Die Angst und die Ungewissheit - permanente Begleitumstände.
|