Als Luftwaffenhelfer
in Aachen (schw.z.b.V. 2. / 514) vom 17.4. bis
12.9.1944 von Gustave H. Roosen
(Aktualisiert 15. 05. 2002)
Einige von uns, von der Oberschule für Jungen in Monschau/Eifel aus der 6. Klasse
(heute vergleichsweise 10. Schuljahr), kamen am 17.04. 1944 zum Einsatz ,
eine Woche nach dem an Ostern 1944 stattgefundenen, spätabendlichen Großangriff auf
Aachen, bei dem das alte Aachen und Burtscheid weitgehend in Schutt und Asche fielen und bezogen in der Batterie "Vaalser Quartier / Vensky - Häus´chen" (2./514)
Stellung. Dieses Quartier war unmittelbar an der Hauptstraße, die zur ca.
6 km entfernten holländischen Grenze führte. Belgien war auch in
unmittelbarer Nachbarschaft, am Dreiländereck gelegen.
Ich war damals
Alumnats-Schüler, vergleichbar einem Internat, nur Unterkunft und Schule
waren räumlich ziemlich entfernt. Ab 1943 war unser damaliger Alumnatsleiter,
Rektor B., genannt "Nero", gefürchtet und verehrt zugleich, seinerseits
zur Flak eingezogen worden und seitdem ging "im Kasten" alles drüber und
drunter. Es herrschte das Faustrecht, es gab nur stundenweise Aufsicht von
Lehrern, die aber ihrer Aufgabe als Aufsichtsperson bei dem dort
herrschenden Chaos überhaupt nicht gerecht werden konnten. Es war die
Hölle. Schulische Leistungen? Bedaure - Fehlanzeige!
Wir kamen also
am 17.April in der Stellung an und wurden, nach Empfang durch den
Batteriechef, O.Ltn. Kr., anschließend komplett eingekleidet.
Der Dienstplan sah Einweisung zu Geschütz-, Mess-Staffel oder zur
Vermittlung vor, sowie Beginn mit der Grundausbildung. Daneben natürlich die
techn. Einweisung an den Geräten, denen wir jeweils zugeteilt worden
waren.
Einige von uns, Paul St. und auch ich, wurden dem "Malsi-Gerät" zugewiesen, einem Hilfsgerät, zu den Mess - Geräten, als sog. "Umwertung", zuzurechnen. Gleichzeitig wurde jeder von uns täglich für zwei Stunden als
Flugmeldeposten eingeteilt. Unsere Batterie war eine 8,8 cm Flak, deren
Typ schon in Afrika eingesetzt war. Jedes Geschütz stand zu ebener Erde
auf seiner Lafette, umgeben von einem ca. 2 m hohen Schutzwall. Da sich
unsere Position am Dreiländereck befand, waren wir - neben den anderen
Nachbar-Batterien - auf vorgeschobenem Posten, d.h. wir waren die ersten
Batterien an der Landesgrenze. Der Flugmeldeposten trug große
Verantwortung. Ein zu spät erkannter Kondens- streifen und das zugehörige
Flugobjekt, das den Kondensstreifen verursachte, konnte böse Folgen nicht
nur für uns, sondern auch für die Stadt Aachen haben.
Unser
Batteriechef war ein drahtiger Österreicher, ein - wie sich noch
herausstellen sollte - 150%iger, ideologisch eindeutig festgelegter,
"scharfer" und durchsetzungsfähiger Mittdreissiger. In dem heißen Sommer
stellte er sich einen Liegestuhl auf die "B1" (Kommandogerät der Mess
- Staffel) und sonnte sich - blinzelte aber unentwegt zum Flugmeldeposten,
ob der, statt den Horizont nach Kondensstreifen, den Waldrand nach anderen
Dingen absuchte... Als vorgeschobene Batterie und dicht an der Grenze
waren wir weitgehend auf unsere eigenen Beobachtungen angewiesen und es
erfolgte dementsprechend oft der von uns, den Flugmeldeposten, betätigte
Alarmknopf zur Herstellung der Gefechtsbereitschaft, wenn sich auch nur
ein Kondensstreifen näherte.
Die heraneilende
"B1"-Besatzung übernahm sofort die Werte vom Scherenfernrohr und speiste
sie in die Telemetrie des meist 4 m breiten Kommandogeräts, ein Analog-Computer, wie Kurt H. sich zu erinnern weiß, mit 4 Mann Besatzung plus Chef der Batterie gefechtsmäßig besetzt, ein. "Ziel
aufgefasst" war die verbale Quittung, wenn sich der Verursacher des
Kondensstreifens als Flugobjekt entpuppte und sich seine Richtung, seine
Höhe und die Geschwindigkeit des Näherkommens errechnete. Durch Flugzeug -
Erkennungsdienst geschulte Augen erkannten dann auch den Typ des
Flugzeuges oder des Pulks, der sich näherte. Der Geschützstaffel wurden
die Werte für Seite, Höhenwinkel und Distanz elektrisch übermittelt und es
galt, die Kanonen nach diesen Werten blitzschnell auszurichten.
Die Geschützführer erhielten die Kommandos ihrer Kanoniere: "K-1-abgedeckt" (Seite), "K-2-abgedeckt" (Höhe), "K-6-abgedeckt"
(Entfernung für Zündereinstellung) und die Feuerleitung gab dann das Kommando "Feuer", wobei zusätzlich die alles übertönende elektrische Glocke, die sog. "Feuerglocke" ertönte. Das war das Ritual der Gefechtsbereitschaft - der Feuerzauber konnte beginnen. Die
Geschützbedienungsmannschaften (der 5 Fla-Kanonen, benannt von "A"nton bis
"E"mil) bestand aus kräftigen Männern. Die Einstellungen geschahen von
Hand, hydraulische Unterstützung fehlte. Speziell der Lade-Kanonier, der
die schweren Granaten in die Ladeschale zu wuchten hatte, war gefordert,
je steiler der Anstellwinkel, desto schwerer seine Arbeit. Hiwi's
(Hilfswillige), meist russische Kriegsgefangene, schafften die Munition aus
den Bunkern heran.
Die russischen Kriegsgefangenen waren ganz
umgänglich, allerdings war ein Kontakt mit ihnen nicht gestattet. Sie
rauchten ihre Machorkas und waren dankbar, wenn ihnen mal einer eine "Aktive" (eine echte Zigarette, nicht eine aus "Kippen" gedrehte)zusteckte. Einmal rauchte ich in Gegenwart eines Hiwi's eine Zigarette,
worauf er scherzhaft mit dem Finger drohte: "...ich Spissus sagenn..".
Paul St. und ich selbst wurden am "Malsi"-Gerät ausgebildet, eine
Hilfskonstruktion, die von der Mannschaft etwas belächelt wurde. Unser
Ausbilder war Obergefreiter Kern aus Schlesien, der sichtlich Spaß daran
hatte, daß seine Ausbildung Früchte trug, daß wir nicht begriffsstutzig
waren sondern ziemlich schnell die Wirkungsweise der auf senkrechten
Achsen lagernden Zylindertrommeln mit ihren sphärischen Skalierungen und
den senkrecht davor aufgehängten Schnüren, wie auch der Handhabung der "X"- und
"Y"-Sperrfeuer-Lineale begriffen und anzuwenden in der Lage waren. Sinn
des Malsi - Gerätes war, bei Ausfall der batterieeigenen Messgeräte Werte
von Nachbar-Batte-
rien, deren Mess-Staffel noch einsatzbereit waren, zu
übernehmen und auf unsere Koordinaten zu transponieren, was nur mit Hilfe
der etwas vorsintflutlich wirkenden Gerätschaften zu ermöglichen war. Dies
war die "Umwertung". Als eines Tages tatsächlich "FuMG" (Funkmessgerät,
heute Radar) und "B1" (Kommandogerät, welches zur visuellen Erfassung der
abzuwehrenden Flugzeuge diente) komplett ausfielen, waren wir auf das
sonst so geschmähte Malsi-Gerät angewiesen. Alles funktionierte wie ein
Uhrwerk und bewährte sich.
Der Zufall hatte mich dazu auserkoren,
die Feuerleitung handzuhaben - Kehlkopfmikrophon am Hals, ein Klingelknopf
am Kabel in der Hand und die Befehlsfolge "Feuerglocke" - dabei musste das
Wort Feuerglocke klar und deutlich ausgesprochen und der Klingelknopf
betätigt werden - 2 Sekunden Pausenintervall - "Abschuss" - wobei wieder
das Wort Abschuss klar und deutlich ausgesprochen werden musste. Was in's
Kehlkopf-Mikrophon gesprochen wurde, hörte der Gesch¨tzführer in seinen
Kopfhörern und zog auf das Stichwort "Abschuss" an der Reißleine für die
Auslösung des Abschusses der Flakgranate - 5 Sekunden Pausenintervall (die
Zeit benötigten die Munitionsschlepper und der Ladekanonier) - dann das
gleiche von vorn. Bei heftigen Gefechtseinsätzen kam eine Schussfolge von
ca. 700 Schuss/h pro Geschütz zum Tragen. Da unsere Geschütze überlange Rohre besassen mit entsprechender größerer Reichweite, waren nach 1000 Schuss schon die "Züge", die spiralförmigen Rillen im Lauf, verschlissen.
Ich muß zugeben, daß ich
bei der Feuerleitung schon wenig aufgeregt war, was sich in einer raschen
Folge der Schuß-Intervalle auswirkte - die Rohre sollen fast geglüht
haben. Aber unser Ausbilder, der Obergefreite Kern, strahlte über's ganze
Gesicht. Sein gerade ausgebildetes team der 16-jährigen hatte seine
Feuertaufe bestanden. Das galt aber auch für die Mitglieder der Geschützstaffel, von denen wir unseren Freund Ernst N. hervorheben. (Abb.ls: "Flying Fortress" B17-Bomber im riskanten Ziel-Anflug)
Die meisten Unteroffiziere waren in Ordnung -
bis auf einen Wachtmeister, der uns bis auf's Blut piesackte und schliff.
Aber dieser Spieß namens Lucius sollte seine Quittung auch noch erhalten!
Wir vom Alumnat in Monschau waren, glaube ich,
zu zweit oder dritt hier versammelt. Wir waren durch die Übergriffe und
Brutalitäten im Alumnat hart im Nehmen und konnten daher seelische
Konflikte bei anderen Kameraden (es gab schon auch Muttersöhnchen, die unter Trennungsschmerz vom Elternhaus litten) nicht nach vollziehen. Es gab einen zartbesaiteten Jungen, der schon in Panik geriet, wenn man einen rauhen Ton anschlug; Kurt berichtet:
"Einmal, es war allerdings schon in unserer nächsten Stellung im Ruhrgebiet, als wir uns bei Voralarm die Schuhe anzogen (die Hosen zogen wir schon garnicht mehr aus), schnappte der arme Kerl über und fing zu toben an. Bevor wir merkten, was mit ihm los war, rannte er
hinaus und sprang in den Löschwasserteich; er kam wohl anschliessend in psychiatrische Behandlung".
Wir allesamt wohl waren froh, dem öden Schulalltag entronnen zu sein und dem
nachzueifern, was wir schon früher bei älteren Mitschülern, die schon eher
zur Heimatflak abkommandiert wurden, bewunderten und die von uns, wenn sie
auf Urlaub nach Hause kamen und schon in schmucker Uniform was
darstellten, beneidet wurden.
Kurt H. kam tatsächlich schon frühzeitiger zur Flak, erst nach Jülich, als Flakschutz für ein RB-Ausbesserungswerk und dann im Februar '44 zur Stellung
"Vaalser Quartier"; er erlebte den schweren Angriff auf Aachen (der in allen Zeitungen als "Terrorangriff auf Aachen" kommentiert wurde) an Ostern hautnah mit. Kurt berichtet: "Wie stolz war ich anfangs, das Vaterland verteidigen zu dürfen,
das wich aber erheblicher Ernüchterung nach den zwei Angriffen auf Aachen im April 1944.
Bombenvolltreffer auf Geschütz Dora - die ganze Bedienungsmannschaft gefallen, es hatte auch Phosphor geregnet, eine Bombenreihe hatte die elektrische Verkabelung zerrissen - die Batterie war ausser Gefecht gesetzt. Am folgenden Morgen wurden neun Zeltbahnen ausgelegt, in die wir die sterblichen Überreste der Gefallenen sammelten; diese wurden dann den Eltern zwecks Beerdigung an deren Heimatort übergeben."
Dieses Horror-Szenario geschah eine Woche vor meinem Eintreffen.
In der Folge hatten wir ständig "mächtig zu tun" - nur saßen wir am halb-unterirdischen MALSI-Gerät, während Kurt an der B1 alles hautnah erlebte. Er berichtet: "Während eines
Angriffs, während wir auf einen Pulk von Liberator-Bomber losballern, sehe ich durch das Kommandogerät, wie die Bombenschächte aufklappen und die Bomben auf uns zu heraustorkeln. Da wir zu dieser Zeit Befehl hatten, nur auf 'kommende Ziele' (verkürzte Zünderlaufzeiten) und auf solche mit
Bombenlast zu schießen, war dieser Moment für "Zielwechsel nach Richtung zwo-zehn" gekommen; zehn Sekunden später dann der Befehl "Volle Deckung" . Mit letztem schnellen Blick sah ich noch die roten Karotten und deren Grünzeug über mir, bevor es dunkel wurde von
dem Dreck, der auf uns runter prasselte. Wir hatten dabei unbeschreibliches Glück - der Bomben-Reihenabwurf verfehlte uns knapp, nur der Radarschirm war zu einer "8" verbogen aber alle 30 Meter war ein groß:er Krater.
Einer hat mal die Bombenkrater im Umkreis von 500 Meter gezählt, ich glaube, es waren so um die 400, die meisten wohl ab August 44 entstanden."
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Von Schulunterricht war seit Juli
kaum noch die Rede, ständige Alarmbereitschaft und Gefechtstätigkeit
machten es den Lehrern unmöglich, Unterrichtsstunden zu geben, zumal für
sie bei Alarm keine Möglichkeit bestand, in unmittelbarer Umgebung Deckung
zu suchen bzw. zu finden. Per Juli erhielten wir unsere Zeugnisse - mit
einem "Gefahren-Bonus": meine in früheren Zeugnissen attestierten
schwachen Leistungen hatten sich schlagartig gebessert... Die Versetzung
war auch nicht mehr gefährdet sondern jetzt gesichert.
Der Drill
machte uns nicht viel aus - wir waren durch unsere Zugehörigkeit zur H.J.
vorgedrillt und wer dazu noch bei der Flieger-H.J. war, hatte meistens einen Sinn für's Praktische, also
technisches Verständnis und war von den hier angetroffenen Gerätschaften
und dem ganzen Drumherum fasziniert. Mehrfache Grundausbildung und
unnötige Schikane nervten uns natürlich und wenn uns jemand wegen Rauchens
anmoserte, dann konterten wir damit, daß uns das Schleppen von Munitionskästen
samt Inhalt auch verboten sei.
Es mag wohl Juli geworden sein,
als die Batterie-Stammbe-
satzung, einschließlich Batteriechef, dem O.Ltn.
Kr. und seinem Adjutanten, dem 20-jährigen Ltn. Kü. (auch Österreicher)
ausgetauscht wurde - nur der verhasste, sich als Feigling demaskierende
Spieß blieb - er hatte sich mit fadenscheinigen Argumenten vor dem jetzt
ultimativen Fronteinsatz gedrückt. Wir erhielten nun im Austausch eine
Besatzung, die frisch von der Front kam - feine Kerle, wie wir damals
fanden, großzügig und leger im Umgang, kein Drill, kein "Maskenball", keine weltanschaulichen
Schulungen oder Dispute. Der neue Batterie-
chef hockte sich beim
Mittagessen in der Kantine auf einen Schemel und spielte auf seinem
Akkordeon zu unserer Unterhaltung. Es war in der Tat ein Unterschied wie
Tag und Nacht. Es waren für uns Kumpels, richtige dufte Kumpels. Der
Fronteinsatz hatte diese Männer geprägt. Anstatt Drill und verquere
Theorien galten ganz andere Maßstäbe: praxiserprobte Strategien für`s
Überleben und kameradschaftlicher Umgang mit Kampfgefährten, wozu sie uns
natürlich auch rechneten und damit mächtig aufwerteten. Der verhasste
Spieß war kaltgestellt, er hatte fortan keine Möglichkeit mehr, uns noch
in irgendeiner Form zu schikanieren.
Der Wechsel erfolgte nicht ohne Grund,
die Invasionstruppen rückten unaufhaltsam näher; Anfang September - es war D-day +90 - näherten
sie sich dem Großraum westlich von Trier. Unsere Geschützstaffel, so erinnert
sich Paul, richteten sich auf zu erwartenden Erdkampf ein und trugen die
Erdwälle in südlicher Richtung ab, um freies Schussfeld zu haben.
Die Unterkunfts-Baracke, die ich mit anderen teilte,
hatte ich mit wohnlichen Utensilien, Fenstergardine, Wandspiegel,
Spiegel-Beleuchtung - von daheim abgestaubt - ausgestattet, und wenn einer
von den Unteroffizieren die Stube betrat und ihm Meldung gemacht wurde,
dann wurde er gleich etwas umgänglicher, schaute in den Spiegel, knipste die Beleuchtung an und erinnerte sich wahrscheinlich an sein Zuhause und
fühlte sich für einen Moment heimatlich verbun
den. "Das ist ja wie im Puff
hier" war eigentlich selten zu hören und wenn, dann von Primitivlingen.
Überhaupt galt "Improvisations-Talent" als eine der wichtigsten Tugenden
überhaupt. Da ich mir einbildete, technisch nicht unbegabt zu sein,
bastelte ich - der Not gehorchend - aus größeren Marinade - Dosen, die ich
entsprechend zurichtete, elek
trische Kochplatten, sogar mit
Stufenschalter. Nikelin - Heizdraht wurde organisiert, meist im Tauschweg,
die Platte dafür aus Kaolin gebrannt, in welche die Rillen für den
Heizdraht im noch weichen Zustand ausgeritzt wurde. Fertig war die
luxuriöse Kochstelle, einsatzbereit für die abendlichen Bratkartoffeln,
abgezweigt von den Pellkartoffeln, die es mittags gab. Lauch von den
angrenzenden Feldern ersetzten die Zwiebeln. Ein anderer, großer
Improvisator war im Zivilberuf "Former"; er hatte alles dabei, um
Flakkampfabzeichen, die zwar verliehen, aber aus Lieferengpässen heraus
nicht geliefert werden konnten, selbst zu gießen und auch nach gelungenem
Guß einzuschwär-
zen.
Inzwischen hatten wir verstärkt unter
Jabo-Beschuß (feindliche Jagdbomber, im Tiefflug angreifend) zu leiden.
Einer von uns, mit Namen Kirsch, saß als VB (vorgeschobener Beobachter)
auf dem Peltzerturm und es nahm uns schon sehr mit, als wir erfuhren, daß
er bei einem Jabo-Angriff tödlich getroffen wurde. "Zum gleichen Zeitpunkt", erinnert sich Kurt, "wurden wir auch gestreift; wir schauten der Sache (den herumkreisenden Jabo's) zu und duckten uns in die Ecken, wenn es zu bunt wurde.
Ein Jabo mit Kurs auf die B1 klinkte kurz vor uns etwas aus, was aussah wie eine große Bombe (Block-buster). Ich sah das Ding durch die Luft purzeln, dachte noch 'Sense, Kurtchen' und nahm Volldeckung. Als es jedoch nicht knallte, wagten wir, wieder hochzukommen.
Schräg gegen den Wall der B1-Stellung lag ein grosser Zusatztank, in Tarnfarbe angestrichen, mit der Spitze schon beinahe in der B1."
Ende August mussten wir Deckungslöcher graben, die mit Betonplatten abgedeckt waren und oben einen Einstieg ermöglichten.
Notfalls sollten wir dort Unterschlupf suchen. Wir wollten nicht wahrhaben, daß wir diese eines Tages nötig haben würden, aber das änderte sich schlagartig am 11. September, als wir von amerikanischer Artillerie direkt beschossen wurden. Unsere wohnliche Baracke ging in Flammen auf,
unsere Habseligkeiten verbrannten restlos.
Es hieß, dass wir rausgezogen werden sollten. Wir alle wollten aber diese uns ans Herz gewachsene Besatzung
unter dem fronterfahrenen, dekorierten Leutnant A., die uns Freunde und echte verlässliche Kameraden waren, nicht alleine ihrem Schicksal überlassen und baten schriftlich um Genehmigung, bei der
Stammbesatzung bleiben zu können. Das wurde jedoch von höherer Warte aus verworfen. Abends wurden wir auf einen mit abgeblendetem Licht fahrenden LKW verladen, der jede Menge nichtregistrierte
Verpflegung geladen hatte, also Schwarzbestand, und auf der Trasse Aachen-Köln in Richtung Köln in Marsch gesetzt. Unterwegs hatten wir wegen schlechter Sichtbedin-
gungen für den Fahrer infolge der abgeblendeten
Scheinwerfer einen Auffahrunfall in stockdunkler Nacht. Uns war nichts passiert, aber von der Ladung Verpflegung war einiges auf die Fahrbahn gekippt. Man konnte nichts sehen, aber wenn man mit einem Fuß gegen etwas stieß, war es ein Päckchen Pumpernickel, Käse in großen Tuben, Zigaretten der Marke "Zuban" - für uns willkommene Fundsachen.
In Köln endlich
angekommen, sammelte sich unser "versprengtes Fähnlein" auf dem Domplatz.
Kurioserweise begegnete ich in meiner martialischen Aufmachung, mit Karabiner, Munitions- Taschen am Koppel, Stahlhelm, Tornister, Brotbeutel und Feldflasche meinem zufällig dort am Domplatz verweilenden Großvater. Unser beider Erstaunen war gewaltig, bei ihm mischte sich
ungläubiges Erschrecken in seine Mimik. Für Erklärungen blieb weder Zeit, noch Gelegenheit, "c`est la guerre" - das Häuflein marschierte weiter. Marsch-Disziplin hatte Vorrang.
Die geschilderten Ereignisse wurden vielfach von den LW-Helfern der Nachbar-Batterien gleichermaßen geteilt, wenn auch auf die Belange ihrer eigenen Stellungen zugeschnitten.
Das Kaiser-Karl-Gymnasium, Aachen, hat sich, unter Federführung seines Geschichtslehrers P. Emunds der Mühe unterzogen, die (52) LW-Helfer, die sie nach dem Krieg erreichen konnten, zu interviewen und die Tonband-Protokolle, anonym, in einer als Buch veröffentlichten
Fallstudie unter dem Titel "mit 15 an die Kanonen" niederzuschreiben. Es wurden auch Kameraden aus unserer Batterie interviewt, deren Schilderungen im Vergleich mit den selbst erlebten Ereignissen übereinstimmten - déja vu - Effekt.
Ehemaliger Standort: Vaalserquartier / Aachen-Südwest
Luftaufnahme vom 12.09.44, nachmittags, tiefstehende Sonne
---> daher die Schlagschatten an den Einzelobjekten <---
N-1 v.li.un.nach re.ob. = Baracken (Sozial-Bereich)
N-2 "c" Baracken der Mess-Staffel (i.d.großen Paul's U.kunft)
N-3 frische Granat-Trichter vom Vortag (US-Artillerie)
M-1/2 die B1 mit Malsi (im "Souterrain"),
M-2 "a" das FuMG (getarnt)
M-2 "b" mehrere Baracken, u.A. Marketender-Laden
M-2 "c/d" verschiedene 1-Mann-Deckungslöcher
M-3 östlich davon die Kantine, noch weiter: ein Bunker
L-1/2 frische Trichter und 1-Mann-Löcher
K-1 "a" frische Granat-Trichter vom Vortag (US-Artillerie)
K-1/2 vermutliche 2-cm-Geschütz-Stellung
I-1/2 eine der 8.8-cm-Geschütz-Stellungen, weitere = westl.
I-2 "a-b" frische Bombentrichter
H-1 oben 1-Mann-Loch
H-2 frische Bombentrichter
Über den Kampfverlauf der sich nähernden US-Truppen gibt die
Gemeinde Hürtgenwald
ein anschauliches Bild.
Der Standort der ehemaligen Flakbatterie an der Vaalser Straße ist inzwischen von einer
Siedlungsgesellschaft mit Reihenhäusern (innerhalb der Schleife "Kronenberg") besiedelt und schräg gegenüber, Luftlinie ca. 1700 m, sieht man das Klinikum Aachen. Der seinerzeitige "erste" Batteriechef, der "150%ige" O.Ltn. Kr. hat den Krieg überlebt. Ich sah ihn, den Ex-Batteriechef, einige Jahre später, so 1949,
in Innsbruck in einem Café auf der Maria-Theresien-Straße, "als Stehgeiger" zur Unterhaltung der Gäste, die es sich bei einem "Braunen" und Sachertorte gut sein ließen...Niemand schien eine Ahnung über die Vergangenheit des Geigers zu haben - außer mir, ein Passant im Vorübergehen...
Von den überlebenden Angehörigen der Besatzung, die die "erste" Mannschaft ablöste und selbst jetzt in schwerste Abwehrkämpfe gegen die anstürmenden US - Streitkräfte
verwickelt wurde, haben wir nie mehr etwas gehört. Vielleicht liest der ein oder andere Nachkomme dieser Besatzung diesen Bericht und kann etwas zu den Ereignissen und Erlebnissen dieser Mannschaft beitragen.
Aachen wurde am 21. Oktober - 5 Wochen nach dem uns verordneten nächtlichen Ausbruch - nach heftigen Straßenkämpfen von den US-Streitkräften, dem VII. US-Korps und der 3. US-Panzerdivision, erobert.
Ein Eintrag von Ihnen in meinem
Gästebuch ist herzlich willkommen!
Die reproduzierte
Aufnahme der "B1" stammt aus dem Buch "Die Flakhelfer" von Hans-Dietrich Nicolaysen, die von dem Flakbeschuss von Mr. Tom Cofield, die von der intakten 8.8 besorgte Freund und Gefährte von einst Paul Stollenwerk und die von dem zerschossenen 8.8 Flakgeschütz aus der WebSite (magonline.free.fr) - mit deren frdl. Genehmigung. § Unsere Rechtssprechung verpflichtet mich zur folgenden Feststellung:"Ich verweise auf den Haftungsausschluß, den ich für mich beanspruche, für den Inhalt von von mir empfohlenen, per Link zugänglichen Web-Seiten Dritter.G.R."
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